Es duftet nach feinem Essen und Gemütlichkeit. An hübsch gedeckten Tischen sitzen 130 Seniorinnen und Senioren und unterhalten sich angeregt. Sie sind der Einladung gefolgt zum geselligen Anlass am Mittwoch, 18. Oktober 2023 im Gemeindesaal Neudorf. Und sie haben eines gemeinsam: Alle sind Ü75. Jünger darf man hier nämlich nicht mit.

«Marina, Marina, Marina…» Dezente Trompeten- und Handorgelklänge lassen alte Schlager aufleben und viele der betagten Gäste gleich mitsingen. Dann Pause, Applaus… und wieder schwelgen: «Es gibt… Millionen von Sternen…» Es ist eben die Generation, die gemeinsam Singen noch gewohnt ist, die hier beisammen ist. «Diese Musik haben wir ja in jüngeren Jahren erlebt», sagt Otto Schacher aus Beromünster und seine Augen leuchten. Ja, damals, als man noch getanzt habe. «Bei vielen Stücken kennen wir die Worte noch!» Und schon gehts weiter im Takt: «Aprite, le porte, che passano… » Weshalb sie hier seien? «Es ist immer gut, wenn man zusammen etwas erleben kann», sagt Otto, derweil seine Frau Elisabeth – («man sagt mir nur s’Schacher-Bethli») – gerne das Essen rühmt: «Sehr gut. Mit Liebe angerichtet!»

Gute Unterhaltung

Nach einer kurzen Ansprache der Organisatorinnen Manuela Felix und Antonia Schärli betritt eine nostalgisch gekleidete, junge Frau den Saal, die als Schauspielerin des Stationen-theaters «Usem Näihchäschtli» mit ihrer Erzählkunst die Leute sofort in ihren Bann zieht. Aufmerksam verfolgen alle die dargebotenen Geschichten über zwei Frauen aus dem Beromünster von 1565 und 1938. Wie in ein Hörspiel vertieft, lauschen die Gäste mucksmäuschenstill – es ist eben die Generation, die sich Geschichtenhören noch gewohnt ist.  Dann wird von den Helferinnen – drei guten Feen in der Küche und neun fleissigen Bienen im Service, alle adrett in schwarz-weiss gekleidet – Kaffee und Kuchen serviert («Vom Frey-Beck, eine Köstlichkeit!»). Hans Galliker an der Trompete und Georges Ineichen an der Harmonika drehen nun noch ein Spürchen auf, um alsbald die Gäste beim  Schneewalzer und Buurebüebli schwungvoll schunkeln zu sehen.

«Aufgeschlagen!»

Am Ende eines langen, vollbesetzten Tisches sitzen Zeno Stirnimann und Guido Gauch aus Gunzwil. Selbstverständlich käme man gerne hierhin, solange man könne, meint der eine, und der andere räumt ein: «Jo sie hend zwor ufgschlage!» Will heissen, aufgeschlagen hat nicht etwa der Preis, sondern die Altersgrenze, die bis vor einigen Jahren noch bei 70 angesetzt war. Übrigens, die Getränke werden von den Senioren selbst berappt, das Essen («Rüeblisuppe und Hackbraten von Galfri, sehr fein!») wird von der Gemeinde Beromünster offeriert und das Ganze steht unter dem Patronat der 5-Sterne-Region.

Freude beiderseits

Antonia Schärli, die sich zusammen mit Jeannette Stocker und dem Dutzend Helferinnen für diesen Anlass ins Zeug legt, meint aufgestellt: «Warum wir das machen? Weil wir einfach Lust dazu haben!» Für die Geselligkeit, ein paar heitere Stunden und auch im Sinne der Dankbarkeit an die ältere Generation sich einzusetzen, mache doch Freude und tue einfach gut. Leute treffen, sich mit Gleichaltrigen unterhalten, alte Schlager hören und mitsingen, dazu etwas Feines geniessen… das gefällt an diesem herbstlichen Mittwochnachmittag sichtlich allen. Auch die 94-jährige Lina Troxler blüht auf, geht lachend von Tisch zu Tisch und setzt sich mit zwei weiteren «Golden Girls» für ein Foto in Szene. Gar nicht viel anders als es heute drei 24-jährige tun würden. Sie strahlen, aus der Trompete klingt «La Paloma », und auf einmal spielt das Alter gar nicht so eine Rolle.

Text: Ursula Koch-Egli, Anzeiger Michelsamt